Öffentlichkeitsbeteiligung zum Otto-Langen-Quartier

von Marius Henne

Worum es geht?

Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zum Otto-Langen-Quartier: https://www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/presse/mitteilungen/23830/index.html

KLA kiparlandschaftsarchitekten

Eingabe der AG Entwicklung Mülheim-Süd zu „frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit an der Bauleitplanung Otto-Langen-Quartier“

Sehr geehrter Bezirksbürgermeister Herr Fuchs,

in Mülheim-Süd hat sich im Mai 2021 die Arbeitsgruppe „AG Entwicklung Mülheim-Süd“ gegründet. Diverse Mitarbeitende der ansässigen sozialen Einrichtungen (Kita Villa Charlier, Grundschule Horststraße, Jugendeinrichtungen TeeNTown und August-Bebel-Haus, Interkulturelle Dienst der Stadt Köln – Bezirk Mülheim, Seniorenkoordination Mülheim, Streetwork Köln und Sozialraumkoordination), haben sich zusammengeschlossen, um die baulichen Entwicklungen und die damit einhergehenden Fragestellungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe, unter dem Gesichtspunkt einer gemeinwohlorientierten Entwicklung, in den Blick zu nehmen.

Im Folgenden übergebe ich Ihnen die Eingabe der AG Entwicklung Mülheim-Süd zum frühzeitigen Beteiligungsverfahren.  

  1. Sozialer Wohnungsbau

Für das Gebiet des Otto-Langen-Quartiers sollten mehr als 50 Prozent sozialer Wohnungsbau plus 20 Prozent preisgedämpfter Wohnungsbau umgesetzt werden, die u.E. in einer „Durchmischung“ von Wohneigentum, freien und gefördertem Wohnungsbau münden sollen. In diesem Rahmen ließen sich entsprechend Bundes-, NRW- und kommunaler Förderinstrumente mit geförderten Wohnungen, auch Infrastruktur bei Hilfebedarf und Versorgungsinfrastruktur schaffen, z.B. ambulante Wohngemeinschaften („Pflege-WGs“) und Quartiersräume / Treffpunkte, siehe auch Punkt 7 sowie Quartiersräume für Alt und Jung etc.

Eine Vergabe sollte nicht renditeorientiert verlaufen, sondern durch Konzeptvergaben an konkrete Nutzungsziele gebunden werden und zum Beispiel in Erbpacht geschehen.

  1. Kulturelle Angebote / Soziokultur

Wir sind der Ansicht, dass bei der Planung neben Kitas und Schulen auch Flächen für kulturelle Angebote vorgegeben sein sollten. Gerade die industriehistorische Bausubstanz könnte der Hintergrund für ein generationsübergreifendes soziokulturelles Zentrum bieten. Neben „konsumtiven“ Angeboten stehen hier die partizipativen Angebote für die Neu- und Altmülheimer*innen im Fokus. Hier besteht die Chance durch Kommunikation, gemeinsames Erleben und Gestalten Verbindungen zwischen Alteingesessenen und Zuziehenden zu schaffen und ein Zusammenwachsen der Stadtteile zu fördern. Dies ist im Hinblick auf die allgemein zunehmende Segregation ein wichtiger Aspekt für Köln als wachsende Stadt.

Im Otto-Langen-Quartier sollte daher frühzeitig bei allen wirtschaftlichen Interessen, der soziale, kulturelle und geschichtliche Kern mitgedacht werden, da hier ein Ort mit hoher Strahlkraft, aber auch Raum für Begegnung, Miteinander und Austausch im Sinne der einzigartigen Industriegeschichte geschaffen werden kann.

  1. Migration und Interkultureller Austausch

Des Weiteren sehen wir in Mülheim mit einem hohen Migrationsanteil in allen Bevölkerungsschichten, einen hohen Bedarf zur Schaffung kultursensibler Angebote. Hier kann ein Interkulturelles Zentrum Raum für Begegnungen schaffen. Ausgehend von der unzureichenden Infrastruktur, bezogen auf Migrationsberatung (MBE), sowie Sozialberatung für Menschen aus benachteiligten Quartieren, muss interkulturelles Denken und Handeln, sozialarbeiterische Beratung, Begleitung und Vernetzung zu Angeboten für Hilfesuchende aus migrantischen Communities einen Platz im Mülheimer Süden finden. Die bestehenden Einrichtungen können zukünftig nicht den Hilfebedarf und zudem die Schaffung kultursensibler Angebote zusätzlich decken und leisten.

Ein Quartiersbüro für Gemeinwesenarbeit (GWA) erscheint uns ebenso, angesichts der Größe des Otto-Langen-Quartiers, zwingend notwendig, um die Anliegen der Neu- und Altbürger*innen zu transportieren, aufzunehmen und zu gestalten.

  1. Kindertagesstätten und Schulen

Wir begrüßen die Planung eines Kita- und eines Schulneubaus im Otto-Langen-Quartier, mindestens einer Grundschule sowie einer weiterführenden Gesamtschule.

Des Weiteren ergeben sich aus dem derzeitigen Planungskonzept, folgende Hinweise in Bezug auf den Jugendbereich im Quartier.

  1. Offene Jugendarbeit

Die Vertreter*innen der Jugend stellen die Frage in welcher Hinsicht vor allem Jugendfreizeit und Jugendsozialarbeit im Otto-Langen-Quartier mitgedacht werden.

Ist die Perspektive also eine Erweiterung des Aufgabenbereichs von vorhandenen Jugendeinrichtungen, soll es rein aufsuchende Angebote geben, die neu ausgeschrieben werden oder werden tatsächlich Räume für Jugendliche neu errichtet, die von ihnen auch mitgestaltet werden können. Die Selbstbestimmung von Jugendlichen in Räumen, die sie eigens gestalten und formen dürfen, geht leider viel zu oft unter. Hier bietet ein neues Quartier die Möglichkeit diese Fehler nicht zu machen und partizipative Jugendfreizeit strukturell mitzudenken.

Im Punkt der Grünflächen stellt sich zudem die Frage, ob es im öffentlichen Raum niederschwellige und kostenfreie Angebote für Jugendliche gibt wie beispielsweise frei zugängliche Sportanlagen, Plätze zum Chillen, Skaterbahnen, Parkour-Strecken etc.

Hier muss die Planung Konfliktpotentiale direkt im Auge haben und die Jugend mit geschickter Platzierung der Angebote schützen.

  1. Familie

Die angrenzenden Familienzentren würden die Schaffung neuer sozialer Institutionen und Räume begrüßen, in denen ihre Familien sich wohlfühlen und von denen verschiedenen Generationen der angebundenen Familien profitieren können. Von besonderer Bedeutung sind hier zu errichtende Spielplätze und „Erlebnis-Landschaften“, die gleichermaßen für Familien aus der Stegerwaldsiedlung sowie aus den umliegenden Quartieren in Mülheim-Süd nutzbar sind.

  1. Senior*innen

Generell muss die Infrastruktur zur täglichen Versorgung berücksichtigt werden, wie u.a. medizinische Versorgung (Arzt, Apotheke) sowie Nahversorger wie Lebensmittel, Bäcker etc. Es werden Gemeinschaftsräume und Treffpunkte für Senior*innen, beispielsweise als Café oder mit Gestaltung bürgerschaftlichen Engagements, benötigt. Außerdem sollte eine Infrastruktur „Pflege, Versorgung und Unterstützung“ für Menschen mit Hilfe- und Unterstützungsbedarf mitgeplant werden, hier auch im Rahmen digitaler Entwicklungen und Möglichkeiten (E-Mobilität, digitale Services, Einkaufsdienste etc.).

Des Weiteren sollten Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen von Unterstützungsleistungen, ambulanter Pflege, inklusive (Pflege-)Wohngemeinschaften oder auch Seniorenwohnen mit Serviceleistungen berücksichtigt werden. Generell sollten hierzu Angebote zur Stärkung der Versorgungssicherheit für ältere Menschen / Menschen mit Unterstützungsbedarf in der eigenen Häuslichkeit geschaffen werden. Wünschenswert ist ein Angebot im (teil)stationären bzw. stationären Bereich, wie Tagespflege, Seniorenzentrum, welches in einem generationenverbindenen Setting (Vernetzung mit Kita, Schule, etc.) die Verbindungen zwischen Alt und Jung gewährleistet und fördert.

Es sollten Verbindungen geschaffen werden, durch den Ausbau des ÖPNV, Gestaltung von Fuß- und Verkehrswegen, Platz-Aufenthaltsqualität, Mehrgenerationenplatz, das heißt konkret nutzbarer öffentlichen Raum für Senior*innen, der zum Verweilen einlädt. Hierzu zählen auch Flächen und Möglichkeiten für Sport- und Freizeitangebote für Senior*innen.

  1. Öffentliche Freiflächen und Grün

Das Werkstattverfahren zum Mülheimer Süden hat das Konzept der „grünen Finger“ hervorgebracht. Dies soll zum einen der Durchlüftung der Quartiere dienen. Zum anderen ist angesichts des Klimawandels auf Grün, aber auch Wasser als Verdunstungsfläche, ergänzt um die Bestrebungen eines Hitzeaktionsplans. Für diese große Freiraumfläche sind Kinderspielplatz, Jugendflächen wie Parkours und Sport- bzw. Mehrgenerationen- plätze (siehe Punkt 7) vorzusehen.

Auf ausreichende klimataugliche und klimaförderliche Maßnahmen ist zu achten.

Die Durchgrünung und Durchlüftung ist für das gesamte Otto-Langen-Quartier aber auch in Verbindung mit der Stegerwaldsiedlung und den Altbestand Mülheimer Süden (Danzierstraße, Windmühlenstraße, Grünstraße) enorm wichtig.

  1. Dienstleistung und Gewerbe

Wir wünschen uns für das Otto-Langen-Quartier eine gute Infrastruktur zum Einkaufen, aber auch Dienstleistungen wie Schreinereien und Handwerk sehen wir als möglich an. Auf einen emissionsarmen Betrieb ist zu achten. Dies lässt sich vertraglich mit den Dienstleistern regeln. Gastronomie belebt das Quartier. Ein reiner Bürostandort ist unserer Sicht nach nicht im Sinne eines gemischten Quartiers. Co-Working-Spaces in Verbindung mit sozialen und kulturellen Angeboten sind hier förderlich.

  1. Fazit

Insgesamt fordern wir bei der Neuentwicklung des Otto-Langen-Quartiers im Mülheimer Süden, eine soziale und kulturelle Infrastruktur mit in die Planungen einzubeziehen. Es muss Raum für Kinder, Jugendliche, Familien und Senior*innen genauso geschaffen werden wie ausreichend Kita- und Schulplätze, Bürgerzentrum, GWA und Begegnungs-stätten. Des Weiteren darf nicht außer Acht gelassen werden, dass in Mülheim eine Vielzahl von Menschen auf SGBII/ SGBXII-Leistungen angewiesen ist. Dem sozialen Wohnungsbau kommt daher besondere Bedeutung als wirksamer Schutzfaktor zur angemessenen Wohnraumversorgung zu. Es geht besonders um das Zusammenwachsen der alten und neuen Quartiere: Befürchtungen der „Alteingesessenen“ zu Mietpreisentwicklung müssen ernstgenommen werden.

Wir sind für ein klimabewusste Quartiersbauplanung. Frischluftschneisen und Durchgangsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsgruppen bzw. eine Anbindung zum Rhein mit der Möglichkeit zu Erholung und Freizeit sind ein Anliegen aller Mülheimer*innen, der Neuzugezogenen sowie der „Alteingesessenen“.

Für die weitere Konzepterarbeitung und möglicher Unterstützung bei zukünftigen Beteiligungsverfahren, stehen wir gerne als Ansprechpartner*innen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

AG Entwicklung Mülheim-Süd

 

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